Nationale Koordination Seltene Krankheiten
Coordination nationale des maladies rares
Coordinamento nazionale malattie rare
Coordination Rare Diseases Switzerland

Interview Prof. Dr. Claudia Kuehni

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Bild: Corina Flühmann
Interview: Carola Fischer (Itinerare)

An wen richtet sich das Register für seltene Krankheiten? Wer kann teilnehmen?

Es können alle Menschen teilnehmen, die in der Schweiz leben und eine seltene Krankheit haben. Damit sind Krankheiten gemeint, die bei weniger als einer von 2000 Personen auftreten. Alle seltenen Krankheiten haben einen speziellen Namen, den sogenannten Orphacode. Diesen kann man im Orphanet nachschauen. Einige seltene Krankheiten betreffen in der Schweiz nur wenige Menschen, während bei häufigeren seltenen Krankheiten über 4000 Personen betroffen sein können.

Was ist der Nutzen des Registers für Patienten?

Das Register erleichtert betroffenen Menschen, an der Forschung teilzunehmen und somit zur Weiterentwicklung des medizinischen Wissens beizutragen. Es bietet beispielsweise die Möglichkeit, alle betroffenen Personen über neue Behandlungsmethoden zu informieren und sie zur Teilnahme an Forschungsstudien einzuladen. Das Register hat auch das Ziel, die Gesundheitsversorgung von Menschen mit seltenen Erkrankungen zu optimieren, indem es beispielsweise die Zeit bis zu einer präzisen Diagnose verkürzt und die Behandlungsmöglichkeiten verbessert.

Ich möchte Kontakt zu anderen betroffenen Personen aufnehmen. Ist das möglich?

Ja, genau das kann das Register. Für viele seltenen Krankheiten gibt es noch keine Selbsthilfegruppe in der Schweiz und viele Selbsthilfegruppen haben nur wenig Mitglieder. Hier kann das Register helfen. Wenn zum Beispiel Menschen mit der Krankheit Primäre ziliäre Dyskinesie andere Menschen in ihre Selbsthilfegruppe einladen möchten, dann kann das Register alle Menschen mit dieser Diagnose – oder bei Kindern ihre Eltern – informieren und ihnen zum Beispiel ein Informationsblatt senden.  

Helfe ich mit meiner Teilnahme anderen Patienten?

Ja. Indem das Register die Forschung fördert und die medizinische Versorgung von Menschen mit einer seltenen Erkrankung sichtbar macht, erlaubt es das Wissen zu seltenen Krankheiten stetig zu erweitern, die Diagnosestellung zu beschleunigen und die Behandlungen zu verbessern. Das heisst, jede neue Patient:in profitiert wieder von dem, was frühere Patient:innen zur Forschung beigetragen haben. Das ist in der Kinderonkologie - alle Krebserkrankungen bei Kindern sind seltene Erkrankungen - schon seit Jahrzenten der Fall. Dort können neue Patient:innen von den Fortschritten profitieren, die durch die Teilnehmer:innen vorangegangener Studien ermöglicht wurden. Auf diese Weise leistet jeder einen Beitrag und alle ziehen indirekt Nutzen daraus.Dies möchte das Register in Zukunft für alle seltenen Krankheiten möglich machen.

Was ist der Nutzen des Registers für das Gesundheitswesen?

Das Register macht zum ersten Mal Menschen mit einer seltenen Krankheit überhaupt sichtbar. In der Kodierung der Krankheiten, wie sie bisher von den Spitälern und vom Bundesamt für Statistik angewendet wird (der sogenannten ICD-10 Codierung), tauchen die meisten seltenen Krankheiten gar nicht auf. Erst wenn Zahlen zu gewissen Krankheiten vorhanden sind, kann das Gesundheitswesen die Versorgung der betroffenen Menschen auch untersuchen und verbessern.  Ohne Statistiken «existieren» die erkrankten Menschen für die Behörden gar nicht: nicht für das Bundesamt für Gesundheit, nicht für die kantonalen Gesundheitsdirektionen, nicht für die Spitäler. Das Register wird es auch Ärztinnen und Spitälern erleichtern, sich zu vernetzen und noch besser zusammenzuarbeiten.

Hat die Registrierung einen Einfluss auf meine Behandlung und ärztlichen Kontrollen?

Nein, ihre Behandlung ist unabhängig davon, ob Sie dem Register beitreten oder nicht.

Ist die Registrierung wie beim Krebsregister eine Verpflichtung?

Nein, die Registrierung ist völlig freiwillig. Sie können jederzeit teilnehmen, aber auch jederzeit wieder zurücktreten, falls Sie es sich anders überlegen.

Was für Daten werden gespeichert und wer kann auf meine Daten zugreifen? Ist die Vertraulichkeit gewährleistet?

Das Register speichert nur notwendige Informationen. Im Prinzip ist es nur Ihre Diagnose (der genaue Name der Krankheit), Ihr Alter bei der Diagnose und die Kontaktdaten von Ihnen und vom Spital oder der Ärzt:in, bei welchen Sie in Behandlung sind.  Diese Daten werden an niemanden weitergegeben und sind extrem gut gesichert auf einem Server der Universität Bern, welcher auf medizinische Register spezialisiert ist.  Genaueres erfahren Sie auf der Homepage des Registers.
Sobald ein spezielles Forschungsprojekt geplant ist, können weitere Daten gesammelt werden. Jedes Forschungsprojekt muss aber durch die Ethikkommissionen bewilligt werden und Ihre Kontaktdaten werden nie an Forschende weitergegeben. Konkret bedeutet dies, dass bereits vorhandene Daten aus elektronischen Krankenakten (z.B. Informationen zur angewendeten Therapie) in codierter Form ausgewertet werden könnten.Oder auch, dass das Register Ihnen die Einladung für eine Studie zu Ihrer Krankheit weiterleitet, oder Ihnen einen Fragebogen schickt, den Sie beantworten können oder auch nicht. Bei jeder Studie können Sie wieder entschieden, ob Sie mitmachen möchten. Da es noch nicht viele Studien zu seltenen Krankheiten gibt, werden Sie sicher nicht bombardiert mit Anfragen.

Gibt es in anderen Ländern auch solche Datenbanken? Arbeitet die Schweiz mit diesen zusammen? Und mit wem arbeitet das Register in der Schweiz zusammen?

Seltenen Krankheiten wurden in allen Ländern bisher stark vernachlässigt. Wie die Schweiz sind aber auch andere Länder dabei, Register aufzubauen und die Forschung in internationalen Studien zu fördern. Die Schweiz arbeitet eng mit diesen entstehenden Registern zusammen und die Daten werden im gleichen Format erhoben. Wir würden bei einer Studie aber nur Statistiken (z.B. «so viele Menschen mit dieser Diagnose leben in der Schweiz») oder codierte Daten international teilen und nie die Kontaktdaten von betroffenen Menschen oder von Spitälern.
In der Schweiz ist das Register sehr stark vernetzt. Es wird durch die kosek unterstützt, die Schweizerische Koordinationsplattform für die Verbesserung der Versorgung von seltenen Krankheiten. Wir arbeiten auch eng mit ProRaris zusammen, dem Dachverband der Patientenorganisationen für Menschen mit einer seltenen Erkrankung. Auch mit spezifischen Patientenorganisationen, mit Orphanet Schweiz sowie allen grossen Spitälern und Zentren für seltene Krankheiten sind wir vernetzt.   

Wie kann ich mich heute schon registrieren?

Wir haben ein Online-Portal geschaffen, wo sich Menschen mit einer seltenen Erkrankung direkt anmelden können. Sie können sich selber, oder auch Ihr Kind dort anmelden. Das Portal soll es betroffenen Menschen ermöglichen, möglichst rasch am Register teilzunehmen. Wir haben das Portal in enger Zusammenarbeit mit betroffenen Personen und Patientenorganisationen entwickelt.
Hier finden Sie eine Schritt-für-Schritt-Anleitung sowie eine Übersicht der erforderlichen Informationen für die Anmeldung: Schritt-für-Schritt-Anleitung.
•    Alle wichtigen Informationen zum Register stehen im Informationsdokument. Die Anmeldung ist nur mit einer unterschriebenen Einwilligungserklärung möglich. Diese finden Sie auf den letzten beiden Seiten der Information. Wir bitten Sie, das Dokument zu lesen, auszudrucken und zu unterschreiben. Sie benötigen dann eine Fotografie oder einen Scan der unterschriebenen Einwilligungserklärung für das Online-Portal.
•    Falls Sie ein medizinisches Dokument besitzen, welches die Diagnose bestätigt, so können Sie dieses gerne auf dem Online-Portal hochladen. Dies ist freiwillig, hilft uns aber, die Diagnose besser zu verstehen.
•    Hier finden Sie der Link, welchen Sie zur Anmeldung führt

Sie dürfen sich gerne mit allen Fragen an uns wenden, entweder per E-mail (srdr.ispm(at)unibe.ch) oder telefonisch (+41 31 684 48 87).

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